Über die Gewaltfreie Kommunikation

Marshall B. Rosenberg
(1934 – 2015)

Die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts waren ein Jahrzehnt des großen Aufbruchs und unvorstellbarer politischer und sozialer Veränderungen.

Die Supermacht USA erlebte heftige Erschütterungen. StudentInnen protestierten gegen den Vietnamkrieg. AfroamerikanerInnen kämpften für die Erlangung der Bürgerrechte. Frauen forderten Gleichberechtigung. Die Hippie-Bewegung ließ die Elterngeneration ratlos zurück. In der Musik und Kunst, im Tanz und im Film – und sogar auf dem Feld der Psychologie wurde experimentiert und provoziert. Unzählige Menschen engagierten sich in einer Bewegung, die als The Human Potential Movement in die Geschichte einging.

Marshall B. Rosenberg war einer dieser Menschen. Er, der selbst in einem gewalttätigen Umfeld aufgewachsen war und in seiner Jugend  auch an Auseinander-setzungen beteiligt war, entwickelte eine Trainingsprogramm, das er Nonviolent Communication (NVC) – im Deutschen:  Gewaltfreie Kommunikation (GFK) nannte.

Die Gewaltfreie Kommunikation ist ein Kommunikations- und Konfliktlösungsprozess. Der Prozess unterstützt Menschen, mit sich selbst und anderen in empathische Verbindung zu treten, und im sozialen Miteinander die Anliegen aller beteiligten Menschen zu berücksichtigen. Wesentlich dabei ist die Haltung und das Menschenbild, das unserem Handeln und Denken zugrunde liegt. Diese spiegeln sich in unserer Sprache wider. Deshalb inspiriert die Gewaltfreie Kommunikation zu einem Sprachgebrauch, der Brücken baut - weit über individuelle Grenzen hinaus. Darüber hinaus plädiert sie für eine Welt, in der Strukturen und Systeme dem Leben dienen

Im individuellen Kontext erleben wir immer wieder, wie schwierig es ist Konflikte auszutragen ohne sich gegenseitig zu beeinträchtigen oder zu verletzen. In jeder Beziehung spielt Kommunikation eine tragende Rolle. Wirklich gehört oder verstanden und mit unseren Anliegen ernst genommen zu werden, erhöht die Bereitschaft zu Kooperation und fördert gegenseitigen Respekt. Dies gilt sowohl für Interaktionen in der Familie oder in der Arbeitswelt, als auch im größeren Kontext: Die Gewaltfreie Kommunikation ist bei Konflikten - egal ob in Gangs, zwischen verschiedenen Ethnien, oder anderen "Gruppierungen" - wirksam.

Wir merken, welche Bedeutung dabei unserer Sprache zukommt. Menschen verletzen Menschen durch Worte. Worte hinterlassen Narben. Sie belasten oder beenden die Beziehung. Worte können uns trennen oder verbinden, mit ihnen errichten wir Mauern oder eröffnen Fenster.

Der Gesprächsprozess der Gewaltfreien Kommunikation

 

„Alle Form von Gewalt ist ein tragischer Ausdruck unerfüllter Bedürfnisse"
(Marshall B. Rosenberg)
 

Die Gewaltfreie Kommunikation gibt Dir konkrete und erlernbare Werkzeuge in die Hand, die Dich dabei unterstützen

  • Gefühle und Bedürfnisse auszudrücken, ohne Deine GesprächspartnerInnen zu beschuldigen oder zu kritisieren;
  • Bitten klar zu formulieren, ohne anderen zu drohen, sie zu manipulieren oder zu erpressen;
  • Vorwürfe, Kritik und Forderungen nicht persönlich zu nehmen, sondern durch mitfühlendes Hören zu klären, welche unerfüllten Bedürfnisse dahinter stehen;
  • eigene Anliegen auszudrücken, ohne die Beziehung zum Anderen zu gefährden - und somit die Chance zu erhöhen, das zu bekommen, was wir wirklich wollen

Annahmen, die dem Prozess der Gewaltfreien Kommunikation zugrunde liegen sind:

  • Alles, was ein Mensch tut, ist ein Versuch, eigene Bedürfnisse zu erfüllen.
  • Jegliche Form von Gewalt ist ein tragischer Ausdruck unerfüllter Bedürfnisse.
  • Die Ursache für Gewalt basiert in unserem Denken.
  • Es ist für alle Beteiligten förderlicher, Bedürfnisse durch Kooperation statt durch Wettbewerb zu erfüllen.
  • Zum Wohle anderer beizutragen bereitet dem Menschen von Natur aus Freude, wenn er das freiwillig tun kann.