Babys fischen

Ihr Lieben, 

Seit langem geht mir immer wieder eine Frage durch den Kopf und nun, mit dem aktuellen Strom an Flüchtlingen ist sie bei mir permanent zu gegen: Was kann ich, was könne wir tun, damit mehr Friede ist auf dieser Welt?

Wenn ich an die Geschichte denke, die Marshall Rosenberg immer wieder erwähnt hat vom „Babys fischen“, dann sehe ich schon lange, dass wir all die Babys nicht mehr retten können.

(Die Geschichte, nochmals weil sie mich jedes mal wachrüttelt: Stellen wir uns vor, du wanderst einen Fluss entlang und du siehst, dass ein Baby den Fluss herunter geschwommen kommt. Es lebt noch. Du hörst es schreien. Mit Sicherheit springst du hinein und holst es heraus. Du bist noch nicht ganz am Ufer angelangt, hast das Baby aus dem Wasser geholt, als du zurückschaust aufs Wasser und – hilfe – da ist ein weiteres Baby. Du springst wieder hinein, holst es heraus. Jetzt aber siehst du zwei heruntertreiben. Du springst hinein, holst sie heraus. Jetzt sind es drei, Du kannst sie nicht mehr alle selbst herausholen. Aber du siehst, wie jemand anderes am Ufer entlang läuft und du rufst dieser Person zu: „Hallo, komm hilf mir.“ Ihr zwei holt zusammen die drei Babys heraus aus dem Wasser. Ihr schaut euch um und – um Himmels willen – jetzt sind es vier Babys, die angeschwommen kommen. Nun, hier ist meine Frage: Wenn du in dieser Situation steckst wirst du damit weitermachen, die Babys aus dem Wasser zu ziehen, oder wirst du flussaufwärts gehen, um nachzuschauen, wer sie hineinwirft? Wenn wir also dieses Bild auf den gesellschaftliche Wandel übertragen, finden wir Cliquen, die einen so immensen Schaden durch ihr Handeln verursachen. Machen wir dann weiter damit, die Babys aus dem Wasser zu fischen? Es fällt ziemlich schwer, „nein“ zu dem schreienden Baby da draußen zu sagen. Hallo, Baby, es tut mir Leid, ich muss stromaufwärts gehen. Ganz offensichtlich wird ein riesengroßes Leiden durch die Clique in unserer Welt geschaffen, aber wie und wann werden wir uns auf die Clique selbst konzentrieren, die dieses Schlamassel erst schaffen? Also, zu entscheiden, wo ich meine Energie investiere, das ist für mich eine größere, grundlegendere Investition in gesellschaftliche Veränderung.

Rosenberg, Marshall B.: Das Herz gesellschaftlicher Veränderung, S. 30)

Und ich sehe die gfK und den restorative Circle als ein gutes Werkzeug um da stromaufwärts zu gehen und zu schauen, warum schwimmen diese Babys im Wasser? Was hat diese Person, diese Gruppe für Bedürfnisse, für gute Gründe, und wie können andere Strategien gefunden werden, um deren Bedürfnisse zu erfüllen OHNE dass die Babys im Wasser ums Überleben kämpfen müssen. Und ich merke, ich muss da jetzt beginnen Handlungen zu setzen, ich kann nicht mehr zusehen und vielleicht hier und dort ein paar Menschen retten. Doch wie? Und wohin? Und ich alleine?

Wenn ich daran denke, dass heute eine schwangere Frau, ein 5-monatiger Säugling und noch etliche weitere Kinder und Menschen in einem Lastwagen von einem Schlepper ausgesetzt worden sind, dann möchte ich da nicht mehr im Stillen erschüttert sein, kurz darüber weinen und mir dann denken, das ist so, ich kann da nichts machen. Doch ich will da etwas ändern.

Und ich schreibe euch das, weil ich gerne gemeinsam den Rucksack packen möchte um stromaufwärts zu gehen und euch fragen möchte, wer sich mit mir auf die Reise begeben möchte oder Menschen kennt, die schon auf der Reise sind, zu denen ich mich dazugesellen kann.

Erschüttert und energiegeladen,

Hanna

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Kommentare

Liebe Hanna, Liebe Lena!

Das Thema "Was TUN für den Sozialen Wandel" beschäftigt mich auch. Die Geschichte mit den Babies und dem Fluss war schon die letzten Tage in meinem Bewusstsein - auch, weil ich ein wiederkehrendes Unbehagen mit dem BILD habe. Wieso? Weil "Babies im Fluss" (mich) stark emotionalisieren - und weil ich beim "Raufgehen und Schauen, wer die Babies in den Fluss wirft" mir sogleich ausmale, dass ich einen Brüller loslasse und in irgendeiner Form dazwischengehe... was ich bestenfalls als "Giraffenschrei" und "schützende Gewalt" deklarieren kann - aber DANN?

Wir haben - schon bei unserem Lehrgang bei Deborah und später in unserer "Geldgruppe" gelernt und auch Marshall hat Beispiele davon gebracht, dass es dabei um "die Arbeit mit Feindbildern" geht. Denn: wenn wir etwas verändern wollen, dann ist die empathische Verbindung und Wertfreiheit unserem Gesprächspartner gegenüber GRUNDLEGEND!

Wenn also der Soziale Wandel zuallererst von IN UNS (als Bewusstseinsprozess) ausgeht, wobei mir der Fokus auf das HANDELN und die Vorbereitung darauf, entscheidend erscheint, warum nicht genau DAMIT beginnen?

Daher ist meine Frage: Wollen wir uns gemeinsam ein paar Mal treffen und erforschen, ob wir einen Drive Richtung gemeinsam-Forschen-und-uns-auf-Wirksamkeit-Einschwingen entwickeln? Ich kann Raum und Erfahrungen beisteuern - mir schwebt der Geist von Co-Evolution (= gemeinsames Wachsen) vor.

Was meint Ihr beide? Und Ihr, die Ihr das lest? Bin von 11. bis 19. in Findhorn - danach wieder erreichbar.

Mit herzlichen Grüßen: Sylvia Häusler.

Liebe Hanna,

dein Posting hat mich sehr berührt. Ich danke dir so sehr für deine Anregung, die Suche stromaufwärts zu beginnen – ich trage sie seitdem mit mir herum und möchte ein paar Punkte mit dir und der GFK-Gemeinschaft teilen:

  • Morgen beginnt der Internationale Kongress "Pädagogik im Aufbruch", der u.a. auch dreimal den Kreativworkshop "Von Korzcaks Kinderrechten zu den UN-Konventionen" (siehe http://www.fokus-bildung.at/fokus_bildung_programmheft.pdf, Seite 48) abhält. Angeregt durch dein Posting habe ich mich da angemeldet und berichte nachher gerne von den Ergebnissen.
  • Mein Vater hat mir kürzlich einen Artikel empfohlen, der sich genau mit den (möglichen) Ursachen dieser Flüchtlingsströme befasst.
    Hier seine Kurzzusammenfassung:

Ein US-Forscher stellt fest

  • Die USA führen einen Wirtschaftskrieg gegen Europa
  • Weil die Übernahme Russlands nach Jelzin nicht gelungen ist muss dieses geschwächt werden.
  • Deshalb musste Syrien, Lybien zerstört werden. Dies Länder waren von den USA unabhängig und der Bevölkerung ging es gut. (Der Irak war ja bereits gerettet.) Ukraine siehe im Artikel.
  • Die USA fördert die IS. Dadurch gibt es viele Flüchtlinge, die Europa schwächen.

Fazit des Artikels: Es gibt zwei Wege, um in jedem Spiel zu gewinnen: Ein Weg ist, die eigene Leistung zu verbessern. Der andere ist, die Leistung all seiner Konkurrenten zu schwächen. Die USA verlassen sich zurzeit fast ausschließlich auf die zweite Strategie.

Hier der Link zum Artikel: http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/08/13/us-historiker-die-usa-zerstoeren-europa-2/

  • Es ist nicht mein Weg, mit dir gemeinsam stromaufwärts zu gehen und ich hoffe, dass sich inzwischen andere Menschen dafür bei dir gemeldet haben. Trotzdem kann ich dich möglicherweise auf deinem Weg begleiten und ich lade dich ein, dass wir uns diesbezüglich ein-, zweimal zusammen setzen. Ich möchte dich sehr gerne mit meiner Intuition unterstützen, den richtigen Weg und die passenden WeggefährtInnen zu finden. Das kann und mag ich gerne beitragen.

Liebe Grüße,

Iris
( , 0699/17259660)

Hallo Hanna,

du fragst:"Was kann ich, was könne wir tun, damit mehr Friede ist auf dieser Welt?"

Bei sich anfangen!

Das ist meine Botschaft, auch in meinen Seminaren.
"Wenn dich das System stört, ändere das System."
Und ich meine hier nicht unbedingt das "politische System", sondern dein "inneres" System. Deine Gedanken, DEIN Handeln.

Denn wu weißt sicherlich: "Alles was ein Mensch tut, tut er um sich (s)ein Bedürfnis zu erfüllen.

Gugst Du: https://youtu.be/Cpf6pVzqKf8

Grüßle Georg

Lieber Georg,

kann es sein, dass dir entgangen ist, dass der Beitrag von Hanna und die Kommentare darauf bereits 7 Jahre (!) zurückliegen?

Ich könnte jetzt ein Video von einem Guru suchen, der darauf hinweist, dass "Zeit" gar nicht existiert... aber das weißt du sicherlich bereits ;-)

Mit ewigen Grüßen

Sylvia

 

Hallo Daniel, Georg und alle anderen!

Zu Eurem Posting: "Was kann ich, was können wir tun, damit mehr Friede ist auf dieser Welt?“ -
                                „Bei sich anfangen“.

Bitte nicht unterschätzen: Wenn die Journalistin Owsjannikowa im russischen Fernsehen ein Antikriegsplakat in die Kamera hält, dann fängt genauso auch dort "der Friede auf dieser Welt" an. (Und auch, wenn das Publikum der Band Kiss Kiss in St.Petersburg "Scheiss Krieg" ruft:-))